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ArthurDent ArthurDent ist männlich
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SILICON.DE WOCHENRÜCKBLICK
Ausgabe: Freitag, 28. November 2008
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Buzzword-Transfer


Der Schwabe bezeichnet derartiges als "Läddag'schwätz".

Gemeint sind damit Technologien, die ursprünglich nur toll waren, deren Namen man aber nicht mehr hören mag, weil dumpfbackige Verkäufer sie meist schon nach kurzer Zeit für alles Mögliche und - häufiger noch - für alles Unmögliche verwenden.

Eigentlich sollte man Buzzwords aus der IT verbannen - dorthin, wo G'schmarrre und Läddag'schwätz zu hause sind: in die Politik.
Beispielsweise die Diskussionen, die jede PISA-Studie hierzulande auslöst, ließen sich doch trefflich mit dem Modebegriff "virtuell"
charakterisieren: Über die Hardware - die harte Tatsache, dass Unterschichtskinder im deutschen Schulsystem keine Chance haben - wird eine Abstraktionsschicht gelegt, auf der dann auch die albernsten Varianten des politischen Wettbewerbs lauffähig sind.

"PISA-Sieger" etwa lässt sich der sächsische Kultusminister Roland Wöller neuerdings nennen. Unbedarfte Menschen, die mit den Spielchen der politischen Konkurrenz nicht so vertraut sind, könnten sich da fragen, ob ein 38jähriger Minister nicht etwas zu alt ist für einen Test von Schulkindern.

Und die schwarz-gelbe NRW-Ministerin Barbara Sommer versteigt sich gar zu der Behauptung: "Wir haben den Abwärtstrend von Rot-Grün gestoppt."

Als der jüngste PISA-Test durchgeführt wurde, galt in dem Bundesland allerdings noch ein von einer rot-grünen Parlamentsmehrheit beschlossenes Schulgesetz. Es ist halt schwierig, zwei Jahre zurückzurechnen.

Insofern ist zumindest eine Interpretation der PISA-Ergebnisse zwingend:
Hätte Barbara Sommer an dem Test teilgenommen, die nordrhein- westfälischen Schülerinnen und Schüler hätten in Mathematik deutlich schlechter abgeschnitten.

Bayern wiederum - so das am stärksten beachtete Ergebnis der Studie - wurde durch Sachsen von Platz 1 verdrängt. Der hiesige Kultusminister Ludwig Spaenle hat dies mit dem Hinweis kommentiert: "Wir sind doch hier nicht in der Bundesliga, es geht um Kinder."

Ein kluger Satz zur nach jedem PISA grassierenden Ranking-Hysterie.
Bemerkenswert ist dies insoweit, als dass kluge Sätze aus den Reihen der bayerischen Staatsregierung ansonsten nicht bekannt sind. Möglicherweise trägt hier schon die zwangsweise Einführung des Mehrparteiensystems im Freistaat erste Früchte.

In der Bundespolitik wiederum wird wohl die Länderkammer des Parlaments heute das neue BKA-Gesetz inklusive Online-Durchsuchung vorerst einmal verhindern. Innenminister Wolfgang Schäuble möchte deshalb, dass Beschlüsse des Bundesrats künftig auch mit nur einfacher Mehrheit gefasst werden können, damit das herauskommt, was er gerne hätte.

Er will quasi ein bedarfsgerechtes Verfassungsrecht, das heißt: eines, das seinem Bedarf gerecht wird, also ein GGoD (Grundgesetz on Demand).
Schade eigentlich, dass dieser Mann nicht schon Mitglied im Kabinett Schröder war. Der Altbundeskanzler schätzt ja Männer doch sehr, die in verfassungsrechtlichen Dingen eher hemdsärmelig sind. "Lupenreine Demokraten" nennt er die gerne.

Und dann wird diese Woche noch über den IT-Gipfel von vor ein paar Tagen berichtet. "Das Megathema auf dem Gipfel ist das Internet der Zukunft", zitiert die Computer Zeitung Bundesforschungsministerin Annette Schavan.
Und ihr Kollege Michael Glos, ein Mann, der nicht unbedingt den Eindruck erweckt, er könne die Festplatte eines PCs auswechseln, er findet, man müsse junge Menschen noch mehr für die IT begeistern.

Zu solch tiefschürfenden Erkenntnissen sind deutsche Politiker fähig. Da wäre es doch angezeigt, den Hype-Begriff "Cloud Computing" künftig für Events wie diese IT-Gipfel zu reservieren. Dann bräuchte man ihn nicht dauernd im Zusammenhang von so rationalen Angelegenheiten wie dem verteilten Rechnen lesen.

Immer neue Opfer der Finanzkrise tauchen derweil auf und barmen um Stütze, Adolf Merckle etwa, laut Forbes der fünfreichste Mann Deutschlands. VW-Aktien hat er verkauft, solche, die er nicht hatte.
Schrecklich, wer da alles geschädigt worden ist – durch windige Spekulationsgeschäfte, und seien es die eigenen.

Oder Qimonda, das Unternehmen, das von der Konzernmutter Infineon ausgegliedert wurde, weil der das DRAM-Geschäft zu riskant war. Infineon ihrerseits wiederum wurde zuvor von Siemens aus dem gleichen Grund ausgegliedert.

Allerdings hat Siemens seinerzeit mit Infineon ein gutes Geschäft gemacht. Damals gab's halt noch viele Kleinaktionäre, die genügend viel Geld und genügend wenig Ahnung vom Chip-Markt hatten. Bei Qimonda hingegen muss man sich heute gute Gründe einfallen lassen, um Geld vom Staat zu erhalten. Da kommt die Finanzkrise gerade recht.

Von "Mitnahme-Effekten" sprechen Menschen, die schlecht darüber denken.
Das ist allerdings ein äußerst hässliches Wort. CaaS (Crisis as a
Service) klänge doch sehr viel gefälliger.

Merkel, Merckle, Schäuble, Ihr könnt sie alle haben, die Buzzwords aus der IT. Für Euren Angelegenheiten leisten sie Euch sicherlich gute Dienste. Das wär' doch was!

Und wir, die wir uns mit der Computerei befassen, wir reden künftig nur noch über very long instruction words, buffer overflows, Cache-Kohärenz und Gleitkomma-Operationen. Das sind Begriffe, die Ihr nicht gebrauchen könnt, weil sie nicht fürs Läddag'schwätz taugen.



Achim Killer

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Wer hier nicht seinen Verstand verliert ...... hat keinen!

Neun von zehn Stimmen in meinem Kopf sagen mir ich wäre
nicht verrückt. Die zehnte Stimme summt nur leise die Melodie
von Tetris.
01.12.2008 08:03 ArthurDent ist offline E-Mail an ArthurDent senden Homepage von ArthurDent Beiträge von ArthurDent suchen Nehmen Sie ArthurDent in Ihre Freundesliste auf

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